Cognac Cadenhead's Petit Champagne Charpentier 45y 61,6%
Eine solche Abfüllung kann wirklich nur einem Whisky-Abfüller und -Produzenten einfallen: Cognac aus den frühen Siebzigerjahren, 45 Jahre alt, aus dem Einzelfass unverdünnt mit 61,6% (Cognac wird zweifach gebrannt) abgefüllt. Klingt sehr spannend ...
Geruch: Dass hier mehr als 60% am Werke sind, merkt man sofort. Und dass das alter Cognac ist, ebenso: Mango, Marille -- und Banane. Und ein gerüttelt Maß an Mentholschärfe, die zwar nicht alle anderen Aromen überdeckt, aber doch in der ersten Reihe steht. Dahinter findet man noch etwas Eiche und, ganz schüchtern, etwas reife Zwetschke. Spannend.
Geschmack: Holla, die Waldfee! Apropos: Waldmeister, starkes Mentholprickeln, die Eiche wird dominanter; in der zweiten Welle Traube und Mango. Alles Banane. Ich glaube, kein Mensch in der Cognac-Region hätte beim Abfüllen dieses Fass in dieser Stärk belassen bzw. nicht einmal mit anderen Fässern geblendet. So ein Cognac-Einzelfass ist echt etwas für Single-Malt-Fassstärken-Trinker.
Abgang: Angenehm lang, die Mentholschärfe verfliegt, die exotisch-überraschenden Aromen liefern sich ein Match mit der Eiche. Und zwar für längere Zeit. Einschub: Ok, die Eichen- und Piniennadeln aus den "offiziellen Tastingnotes" könnte ich am Gaumen auch noch finden.
Etwas Wasser führt, wie bei Single Malt, zu schönen Schlieren und zu einer Frucht-Öffnung in der Nase: Mango und Marille werden etwas stärker; nun sind auch Kirsche und etwas Waldmeister zu spüren. Eine zarte Mentholfrische bleibt. Und die Banane! Am Gaumen führt das Wasser zu einer merklichen Prickelberuhigung und (wie in der Nase) Stärkung der "exotischeren" Aromen. Die Eiche meldet sich in der zweiten Welle und bestimmt auch den Abgang. Im Gegensatz zu den allermeisten einfach gebrannten Armagnacs und stark verdünnten zweifach gebrannten Cognacs lässt sich dieses 61,6%-Einzelfass m.E. sehr gut mit unterschiedlich starker Wasserzugabe kalibrieren.
Fazit: Dieser Cadenhead-Cognac von Charpentier erreicht zwar nicht ganz die "Exotik-Eleganz" eines VT Hors d'Age oder die "ruhige Eichen-Frucht-Intensität" eines alten Font-Borne, beeindruckt aber mit enormer Dichte am Gaumen und einem nachhaltigen Abgang. Obendrein kann man diesen 45jährigen 61,6%-Cognac (!) blendend mit Wasser auf die eigenen Bedürfnisse anpassen. Ganz untypisch für Cognac oder Armagnac, aber sehr zu empfehlen für jene, die die ganz starken Sachen lieben. Ein mehr als feiner 95-Punkte-Spirit (95.5-95-95).
Ich denke auch, dass das ein Spirit für Fassstärken-R(h)um-Aficionados sein könnte. Eigentlich ein Pflicht-Spirit für alle Extrem-Trinker ;-))
Ich kann dir da nur zustimmen @StyrianSpirit Das ist ein Cognac, den man auch nach ein paar sehr guten und auch hochprozentigen Malts noch sehr genießen kann und der besondere Aromen hinzufügt. Eigentlich hätte ein Cognac nach 6 sehr guten Malts mit um die 50 Prozent keine Chance mehr, aber der hier präsentiert seine alten, honiglastiger Weintraubennoten mit Süß und Sauer noch so gut. Schön, dass man hier keine Note schreiben muss... :-)